ffm aka ralf voelkerWährend sich King Charles in London auf seinen großen Tag vorbereitete, erklärte Gästeführerin Silke Wustmann den Aka-Mitgliedern bei einem Rundgang durch Frankfurts neue Altstadt, wie früher die Kaiser und Könige im Dom gekrönt wurden. Das Rathaus Römer schmücken vier von ihnen als Statuen, darunter Friedrich Barbarossa, der 1152 die lange Reihe der gekrönten Häupter anführt, und Ludwig IV. der Bayer, der Frankfurt das Messeprivileg und das Reichsgrundgesetz, die „goldene Bulle“, schenkte.

Die ersten deutschen Herrscher waren Reisekönige, für sie musste immer ein würdiger Bau, eine Königspfalz, vorbereitet sein, falls ihnen gerade der Sinn danach stand vorbeizukommen. Die in der Zeit der Staufer gebaute neue Pfalz ist heute Teil des historischen Museums. Für die Frankfurter war es Ruhm und Ehre, aber auch äußerst kostspielig, die zur Wahl angereisten sieben Kurfürsten – drei geistliche, vier weltliche – mit ihrem großen Gefolge zu verköstigen und zu beherbergen. Sie seien wie eine Heuschreckenplage eingefallen, meint Silke Wustmann. Wochenlang hielten sich die Gäste bei Privatpersonen auf, die sich um ihre Versorgung und Bespaßung kümmern mussten.

ffm aka ralf voelker2Im „ältesten Frankfurter Tresor“ in der Nähe des Doms befand sich - nur von außen zu besichtigen - ein Raum, der über eine Falltür erreichbar war. Durch diesen winzigen Zugang konnte ein etwa dreijähriges Kind durchschlüpfen. Dort wurden die Kaiserkrone, Münzprägestöcke und Reichsinsignien aufbewahrt.

Die vom Mainzer Erzbischof über den Tod des alten Herrschers informierten Kurfürsten betraten Frankfurt über die alte Brücke. Sie betrieben großen Aufwand bei der Aufstellung ihres aus 10.000 Leuten bestehenden Gefolges („wie beim Rosenmontagszug“) und wurden pflichtschuldigst von den Frankfurtern bejubelt. Alle Fremden mussten die Stadt verlassen, der Messebetrieb pausierte, und es kamen keine Einnahmen in die Kassen. Die Wahlmänner bevorzugten schwache Königskandidaten, die ihnen nicht gefährlich werden konnten. Einige Anwärter auf die Krone dürften ihnen den Entscheidungsprozess durch etwas „Handsalbe“ (Schmiergeld) erleichtert haben.

Der Auserkorene wurde im Frankfurter Dom vom Erzbischof von Mainz am ganzen Körper gesalbt. Dabei trug der König ein Hemd mit Salbschlitzen und war barfuß. Das geweihte Öl wurde anschließend mit Roggenbrotscheiben von seinem Körper abgetupft, die man den Armen gab.

Die ersten Könige mussten nach ihrer Wahl noch zur Krönung nach Aachen, der Stadt Karls des Großen, weiterziehen und sich dann beim Papst in Rom den Segen holen. Später - als es auch protestantische Kurfürsten gab – konzentrierten sich alle Teile der Zeremonie auf Frankfurt. Über einen Holzsteg und einen Teppich wurde der Gesalbte und Gekrönte im Krönungsornat vom Dom zum Römer, wo das Festbankett auf ihn wartete, unter einem Baldachin getragen. Diese Szene darf man sich aber nicht so pittoresk wie die in London vorstellen. Ein Zeitzeuge sagte mit Blick auf den altgedienten königlichen Hermelinmantel nämlich: „Ich sah mehr Motten als Majestät“. Immerhin: Das Volk durfte mitfeiern, es gab Ochs am Spieß, Wein für alle am Römerberg, ein großes Feuerwerk über dem Main und Ritterturniere. Während der Krönungsfeierlichkeiten machten Bettler, Kriminelle, Zuhälter und Prostituierte gute Geschäfte.

Silke Wustmann erzählt Geschichte spannend und unterhaltsam, und es passte gut in ihr Konzept, dass eine Kinderschar mit kleinem König an der Spitze und Fanfarenbläsern im Gefolge den Weg der Aka-Mitglieder kreuzte. Freudig stimmten die Darmstädter in die „Vivat“-Rufe des Jubelchors mit ein. Im „Römer-Bembel“ am Römerberg klang der von Ingrid Scheffler perfekt organisierte Frankfurt-Ausflug zünftig bei Grüner Soße mit gekochten Eiern aus.

11.05.2023 / Text: Petra Neumann-Prystaj / Fotos: Ralf Völker

 

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