Dieter Schneiders „Niwelunge“ auf hessisch...

Es war die Spezialität des südhessischen Schriftstellers und Schüttelreimers Dieter Schneider, schwergewichtige Literatur wie die Bibel oder den „Faust“ auf hessisch nachzureimen. Und siehe da – der Dialekt lässt Tragödien in einem freundlicheren Licht erscheinen. Unvermutet blitzt an vielen Stellen die Komik durch.
Berthold Mäurer aus Bensheim stellte am 06. Oktober den Aka-Mitglieder Schneiders Werk „Niwelunge“ und den nicht gerade als besonders intelligent beschriebenen Helden „Siechfried“ vor.

Zur Einführung in den amüsanten Nachmittag hatte Kursleiterin Patricia Gropp auf die verschiedenen filmischen und musikalischen Interpretationen der zu Beginn des 13. Jahrhunderts aufgeschriebenen Nibelungengeschichte aufmerksam gemacht. Sie besteht aus 2500 Strophen und ist seit 2009 Weltdokumentenerbe.

Rezitator Berthold Mäurer ist gebürtiger Wormser, hat in Bensheim die Volkshochschule geleitet und genießt seit 2019 seinen Ruhestand. Das Hessische wurde ihm nicht in die Wiege gelegt, und Schneiders Dialektversion entspricht, wie er den an den „Datterich“ gewöhnten Darmstädtern erklärte, eher dem Offenbacher Zungenschlag.

Siegfried, der aus Xanten stammt, besiegt den bösen Drachen, und in der Dialekt-Version wird das folgendermaßen beschrieben:

Uff amal sah er Raach un Feuer,
die quolle aus em Ungeheuer,
des gierich nach ihm greife dad,
doch Siechfried hadd sei Schwerd parad
un häächd em ab die Vorderdatze.
Des Vieh, des wolld vor Wud grad blatze.
Dann stach er'm dief ins Dracheherz,
en Bludstrom schoß draus himmelwerds.

Unterwegs war „Siechfried“ natürlich mit „Brot, Woi und Worscht“. Er wirbt um die schöne Königstochter Kriemhild in Worms, bekommt sie aber erst, nachdem er seinem künftigen Schwager Gunther geholfen hat, die stolze, starke Brünnhild aus Island mit einem fiesen Trick in der Hochzeitsnacht zu bezwingen. Das führt letztlich zu seinem Tod und zum Rachefeldzug der in zweiter Ehe mit Hunnenkönig Etzel verheirateten Kriemhild.

Schneiders Humor und der versöhnlich klingende Dialekt dämpfen das Entsetzen über das gnadenlose Gemetzel auf dem Schlachtfeld, aber auch bei ihm mündet die Rachegeschichte nicht in einem Happy End: „Bis uf fünf Mann warn sie dod, des is de Niwelunge Not.“
Die Lesung regte dazu an, manche Szenen des Nibelungenliedes zuhause in der Schulbuchversion nachzulesen – und bei youtube in Richard Wagners grandiosen Obernzyklus „Der Ring des Nibelungen“ reinzuhorchen. Dazu hatte Patricia Gropp eine kleine Hörprobe präsentiert, die Appetit auf mehr machte.

Petra Neumann-Prystaj

 

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