Landesmuseumsdirektor Martin Faass bei „Aka im Gespräch“
„Es ist das beste Stück in Darmstadt“, urteilte eine Zuhörerin im gut besuchten Saal des Prinz-Emil-Schlösschens zum Schluss der rundherum spannenden, fast zweistündigen Veranstaltung. Martin Faass, seit 2019 Direktor der monumentalen Schatzkammer am Friedensplatz 1 hatte mit vielen Details und einer ansteckenden Begeisterung für „sein Haus“ das Publikum gefesselt und auf jede Frage von Moderator Peter Wagener eine kompetente Antwort gegeben.
Wer hätte das gewusst? 1,35 Millionen Objekte (geschätzt) gibt es dort auf einer Gesamtfläche von 19.000 Quadratmetern. Das Jahresbudget beträgt 10 Millionen, wobei die insgesamt 203 dort beschäftigten Mitarbeiter/innen nur einen Teil dieses Geldes beanspruchen. Es sind übrigens die unterschiedlichsten Berufszweige dort versammelt: Viele Wissenschaftler, Verwaltungskräfte, technische Angestellte, Fotografen, Sekretärinnen, Reinigungskräfte und andere. Fest angestellt ist rund ein Drittel der Belegschaft, die anderen haben befristete Verträge, sind in Forschungsprojekten beschäftigt oder Volontäre.
Und hier noch ein paar Zahlen, die das Publikum zum Staunen brachten. 85.000 Besucher zählt man im Jahr. 800 Veranstaltungen wurden angeboten, zu denen 14.000 Teilnehmer kamen. Woraus sich ein „Leitbild“ ergibt, dessen Zielrichtung Martin Faass so formulierte:
- Ein Raum für Vielstimmigkeit
- Ein Haus in Bewegung
- Ein Museum im Gespräch
Um das zu erreichen, müsse man kontinuierlich sammeln, forschen und bewahren, ausstellen, vermitteln, interdisziplinär und vernetzt denken.
Und was passiert am traditionell freien Montag? Gehört der zum verlängerten Wochenende? Mitnichten. „Da“, so Direktor Faass, „reparieren wir Insekten.“ Aber nicht nur. So werden zum Beispiel Vitrinen zu Reinigungszwecken geöffnet, restauratorische Arbeiten an ausgestellten Objekten vorgenommen und Objekte innerhalb des Hauses transportiert.
Wobei die Ausstellungen nur „kleine, sichtbare Zeichen“ sind, die aber die Aufmerksamkeit auf das riesige Haus lenken. Der von Faass gewählte Titel der Veranstaltung „Das Hessische Landesmuseum ist viel mehr als Liebermann“ machte das deutlich. Es ist eben kein reines Kunst - sondern ein Universalmuseum, und noch dazu eines mit einer imposanten Geschichte. Gestiftet von Großherzog Ludwig I. im Jahr 1820 wurden zunächst die Kunst- und Naturaliensammlungen der Landgrafen von Hessen ausgebaut. Besonders hilfreich war dann die umfangreiche Sammlung des Baron von Hüpsch. Laut Urkunde war es das Ziel,
den „geliebten Untertanen eine zur Verbreitung nützlicher Kenntnisse gereichende Anstalt zu gründen, woran es bisher gänzlich in unserem Lande fehlt“.
Ab 1828 arbeitet der Naturforscher Johann Jakob Kaup, der als Pionier der Paläontologie gilt, im Museum und untersuchte zahlreiche Fossilienfunde.
Die Sammlungen wuchsen schnell, ein Neubau wurde immer dringender. Den Auftrag bekam schließlich Alfred Messel, der sich in Berlin einen Namen gemacht hatte. Im 20. Jahrhundert wuchs schließlich die Sammlung an Gemälden, von denen leider viele der Aktion „Entartete Kunst“ im Nationalsozialismus zum Opfer fielen. Nach dem Krieg wurde das Museum 1955 wiedereröffnet. Im Laufe der Zeit kamen bedeutende Erweiterungen zustande, wie z.B. der Beuys-Block. 1984 folgte ein Anbau für die Kunst des 20. Jahrhunderts. Und 2007 - wer erinnert sich nicht - wurde es zappenduster. Sieben Jahre lang war das Museum geschlossen, wurde 2014 mit einem gigantischen Fest wiedereröffnet. Sechs Jahre später kam dann Corona…
Inzwischen läuft alles wieder in geregelten Bahnen. „Die ganze Welt unter einem Dach“ erfreut sich wieder wachsender Beliebtheit und die Themen werden sicher nicht ausgehen.
28.02.2023 / Heidrun Bleeck