Wie fleischfressende Pflanzen ihre Beute fangen

venusfliegenfalle 170 marwenIn einem äußerst spannenden Vortrag erklärt Dr. Simon Poppinga, warum manche Pflanzen zu „grünen Fallenstellern“ geworden sind und wie ihre trickreichen Fallen funktionieren.

Mithilfe von Fotos und Videoaufnahmen und auch einfacher technischer Hilfsmittel, wie eine Visitenkarte oder eine Plopscheibe, wird für die Zuhörer/-innen nachvollziehbar, welche „perfiden Tricks“ diese faszinierende Pflanzengruppe anwendet, um notwendige Nährstoffe zu bekommen. Moderiert wird der Abend von Ulrike Poppensieker. Sie stellt zunächst den Referenten und seine Lebensstationen vor:

Dr. Simon Poppinga leitet seit Anfang 2022 an der Technischen Universität Darmstadt den Botanischen Garten. Er erläutert, worin das Konzept des Botanischen Gartens besteht, welche Forschungsprojekte hier bereits umgesetzt wurden, welche Forschungsziele er sich selbst für seine Arbeit setzt. Schon als Kind beschäftigte er sich mit Fragen rund um die Bewegungsabläufe der Pflanzen. Einen Impuls für sein Interesse an Karnivoren setzte die Venusfliegenfalle in der Sendung „Biene Maja“.         Wie funktionieren die unterschiedlichen Fallen? Was passiert mechanisch mit der Pflanze? Welche Tricks kennt die Pflanze? Dr. Poppinga ist überzeugt, dass die zugrunde liegenden Mechanismen auch für die Lösung technischer Probleme wichtige Impulse geben können.

Als fleischfressende Pflanzen, auch Carnivoren, bezeichnet man Pflanzen, die mittels umgewandelter Blätter meist Einzeller oder Insekten wie Mücken, Ameisen und Fliegen, aber auch größere Beutetiere bis hin zu Fröschen fangen und verdauen, um so ihre Versorgung mit Mineralstoffen und Stickstoff, zu verbessern. Zu den fleischfressenden Pflanzen gehören mehr als 1000 Arten.

Carnivore Pflanzen kommen fast ausnahmslos an sonnigen oder zumindest sehr hellen Standorten vor. Die meisten Arten wachsen darüber hinaus gerne auf feuchten Böden, z.B. auf nährstoffarmen Hochmooren. Sie brauchen ausreichend Licht und Wasser, damit die Fangblätter Photosynthese zur Energiegewinnung der Pflanze betreiben können.

Man unterscheidet bei den fleischfressenden Pflanzen verschiedene Fallentypen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie alle sehr trickreich arbeiten Die Teilnehmer/-innen waren begeistert, welche raffinierten, simplen, aber effektiven Fangmethoden die Pflanzen anwenden. Hier eine Auswahl:        

                                
Klebefallen (z.B. Sonnentau) funktionieren über ein klebriges Sekret, welches über Drüsen auf den Blättern selbst oder an den Spitzen kleiner Tentakeln austritt. Das Insekt wird durch das duftende Sekret angelockt und bleibt daran haften. Durch seine Versuche, sich zu befreien, bleibt es mit immer mehr Körperteilen am klebrigen Sekret hängen. Bei einigen Klebefallen wird dies auch noch durch zusätzliche Bewegungen der Fangblätter unterstützt. Pflanzenenzyme führen dann die Verdauung durch

Schnappfallen funktionieren wie Bärenfallen. Die Venusfliegenfalle hat die bekannteste, wenn auch seltenste Fangmethode der Carnivoren. Es handelt sich dabei um die schnelle Schließbewegung zweier Blatthälften, die durch kleine Fühlhaare auf den Blattinnenseiten ausgelöst wird. Werden diese berührt, so klappen die beiden Blatthälften innerhalb von 100 Millisekunden zu. Nach dem Verschließen bildet sich zwischen den Blatthälften ein Hohlraum, in dem das Insekt durch Sekrete verdaut wird. Die Klappen öffnen sich nach mehreren Tagen wieder und geben die unverdaulichen Reste ihres Opfers frei.

Saugfallen: Das Prinzip der Saugfallen funktioniert nur unter Wasser oder unter der Erde. Die Pflanze, die mit dieser Fangmethode arbeitet, baut in der Falle einen Unterdruck auf, der sich bei Berührung schlagartig ausgleicht und dabei Wasser und Beute in sich hinein saugt. Die einzige Art, die dieses Prinzip anwendet, ist die der Wasserschläuche.

Fallgrubenfallen: Bei den Fallgrubenfallen bilden die Blätter einen Hohlraum, in den das Insekt hineinfällt und aufgrund glatter Innenwände und kleinem Raum nicht oder schwer herauskommt. Sehr eindrücklich wird das in einem Video über Ameisen auf einer Pflanze gezeigt.

Reusenfallen: Erheblich komplizierter konstruiert sind die Reusenfallen. Ihre Opfer werden durch bestimmte Stoffe angelockt und ins Falleninnere geleitet. Eine Umkehr wird den Organismen durch Sperrhaare unmöglich gemacht. Schließlich gelangen sie in eine Art Magen, in dem sie durch Enzyme verdaut werden.

Das Thema ist unendlich komplex. Aber die ansteckende Leidenschaft des Referenten macht deutlich, welche Meisterwerke der Evolution diese Pflanzen sind und was die Biomechanik leistet. Auch zeigt sich, dass die mechanischen Bewegungsabläufe der Pflanzen geniale Tricks sind, von denen die Technik lernen kann.

„Herr Poppinga hat nicht nur für seine wissenschaftliche Arbeit zahlreiche Anerkennungen erhalten, er wurde auch für seine gute Lehre ausgezeichnet“ (Ulrike Poppensieker). Nach diesem faszinierenden Vortrag kann man das verstehen.

Zum Schluss weist Frau Poppensieker auf den Freundeskreis des Botanischen Gartens hin und auf den nächsten Vortrag von Herrn Poppinga:
Thema: Knallige Früchte – Explosions- und Schleudermechanismen im Pflanzenreich                                    am 12.10.2023 um 19:30 im Hörsaal des Botanischen Instituts in der Schnittspanstraße.

Sigrid Geisen

 

 

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